30 GW Produktionskapazitäten in der EU 2025
09.01.2014 08:55
Karl-Heinz Remmers - 08.01.2014
Ich hoffe Sie hatten alle entspannte Feiertage und das Jahr 2014 hat für Sie gut begonnen- hiermit will ich nochmals allen Leserinnen und Lesern ein gesundes neues Jahr wünschen! Vielleicht auch durch die schöne Zeit mit der Familie an den Feiertagen und den etwas freieren Kopf empfinde ich derzeit eine befremdete Distanz zu den weiter laufenden Diskussionen um die Energiewende in Deutschland. Obwohl der breite Strompreisanstieg ausgeblieben ist (viele Stromanbieter haben die Preise nicht erhöht und das trotz der Horrormeldungen über das Steigen der EEG-Umlage im Oktober), wird auch weiterhin nur über Strompreisdämpfung und Kosten gestritten.
Weiterhin laufen die offenkundig gleichgeschalteten Presseorgane der alten Industrie und der alten Energieversorger mit Schaum vor dem Mund herum und verkünden fast täglich den Untergang der deutschen Industrie, die vollkommene Verarmung der Hartz-IV-Empfänger und den Kollaps der deutschen Netze. Langsam wird es langweilig, wäre es nicht einfach nur dumm und einseitig. Und es geht auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.
Auch vielleicht eine Folge der Feiertage - erscheinen mir Politik und viele Medien Deutschland derzeit so arrogant und selbstgefällig wie seit der Kohl- Ära nicht mehr. „Es läuft doch. Uns geht`s doch gut. Bloß nix verändern.“- so eine Auswahl der Stimmungslage. Aber dann gleichzeitig das Gedöns um das Großprojekt Energiewende, welches auch mit dem neuen Personal noch keinen Deut besser gemanagt ist oder neue Ansätze zur wirklichen Umsetzung des Mammutprojektes bringt. Neues bloß nicht anpacken und möge alles so weitergehen - bis wir dann in etwa zehn Jahren eben wieder mit fünf Millionen Arbeitslosen dastehen, weil die meist hundert Jahre alten Industrien dann doch irgendwann vom Wettbewerb erdrückt werden und Neues eben aus Angst vor der eigenen Kraft nicht angepackt wird. Oder wie bei der Energiewende der Mut sofort verloren geht, wenn zweimal der Strompreis steigt - und das obwohl ich darauf wetten würde, das bei einer Umfrage 95 Prozent der befragten Bürger nicht sagen könnten, was sie im Monat dafür zahlen und ein Großteil der Verbraucher noch immer bei teueren, ja sogar bei sauteueren Anbeitern ist.
Der Titel des Blogbeitrags ist aber dennoch anders, denn global brauchen wir keine Sorge um das Weiterbestehen der Solarindustrie zu haben. Für 2014 sagen alle Marktforscher ein massives Wachstum der globalen Neuinstallationen voraus - bis an die 50 Gigawatt Zubau 2014 (von Anfang - Mitte 30 Gigawatt in 2013). Jeden Tag erhalten die Redaktionen der pv magazine group neue Meldungen von Produktionserweiterungen, neuen Produktionsanlagen, neuen Projekten rund um den Globus. Der totale Kontrast zum deutschen „EEG-Umlage“- Horrorkabinett. So glauben wir in der Solarpraxis weiter fest an das von uns Ende 2012 kommunizierte Ziel von einem jährlichen Marktvolumen in der Größe von 300 Gigawatt pro Jahr weltweit im Jahr 2025. Verglichen zu den Prognosen 2014 wäre das dann „nur noch“ Faktor 6 - 2012 war es Faktor 10. Sieht man den weltweiten Energiebedarf, die bereits jetzt erreichten niedrigen Preise und die noch immer fallenden Kosten für Photovoltaik-Anlagen dann wird das so kommen. Photovoltaik kann das - denn es ist nicht nur ein Bauprodukt, sondern universell anwendbar. Wenn man diesen Markt kann, warum sollte man dann davon (Zellen/ Module) nicht 10 Prozent in der EU produzieren? Das wären 30 Gigawatt und 10 Prozent Weltmarktanteil ist wenig ambitioniert - als weiterhin große Wirtschaftsregion wären eher 25 Prozent angemessen - das wären dann 75 Gigawatt Produktion „made in EU“ in 2025. Stand der heutigen negativen Meinungswelle kaum denkbar, aber warum eigentlich? Weil wir in der EU „die Hosen voll haben“? Weil wir vergessen wir innovative und wirtschaftlich stark die Länder sind? Oder weil uns die dauerhaft sterbende klassische Energieindustrie Glauben macht, das ginge einfach nicht?
Oder glauben wir es gar selbst nicht mehr nach den ganzen Schlägen unter die Gürtellinie? Dann sollten wir das schnell ändern.
Denn die Zell- und Modultechnik steht dort, wo in den sechziger Jahren das Transistorradio begann, die Röhre abzulösen - und heute die Smartphones Realität sind. In der eben keine technischen Rennen gelaufen sind und selbst die größten Photovoltaik-Marken der Welt noch immer relativ kleine Unternehmen sind. In einer Technik, wo Produktionsanlagen sehr sehr schnell veralten und tausend gute Ideen fast jeden Tag ins Rennen gehen.
Und das macht mich eben optimistisch dass es eben sehr wohl möglich ist, nicht nur Nischenprodukte oder Anwendungen oder Leistungselektronik in der EU zu machen, sondern eben auch die Solarmodule der Zukunft mitzugestalten.
Dazu gehört zuerst das Vertrauen der Branche, dass dies geht. Dann die Nutzung von lokalen Vorteilen in der Nähe zu den Kunden in der EU, aber auch in Nordafrika und Arabien. Dann die Nutzung der klassischen Attribute gerade für die Produkte aus Deutschland: Qualität, Verlässlichkeit, Seriosität. Wurde das wirklich schon alles verspielt? Ich glaube kaum.
Und so bin ich mir sicher, dass die EU Produkte einer neuen Generation viele viele Abnehmer in den massiv wachsenden Photovoltaik-Märkten finden werden. Deshalb erwarte ich auch von der europäischen und vor allem der deutschen Politik, dass sie sofort aufhört mit dem verbalen Vernichtungsfeldzug gegen die Photovoltaik-Branche. Das stattdessen der Blick noch öfter nach Asien geht, wo gerade am 6.1. China einmal mehr deutlich gemacht hat, dass die Solarindustrie dort massiv weiter ausgebaut wird und wo auch neben japanischen und koreanischen Firmen viele andere asiatische Nationen in das Wettrennen einsteigen. Viele von denen sind nach unseren Begriffen arm - oder Schwellenländer. Und gerade diese machen nun richtig Industriedruck. Verkehrte Welt oder klare Zeichen dafür, dass man mit „Kohlscher Selbstgefälligkeit“ am Ende im Hartz-IV-Streit landet oder schlimmer?
Also:
Lassen Sie uns das durchziehen - mindestens 30 Gigawatt Zell- und Modulproduktion im Jahr 2025 in der EU (natürlich auch Silizum, aber wir haben ja auch die Dünnschicht, die sich auch weiter entwickelt und eben nicht tot ist, auch nicht in Deutschland). Und Anwendung, Leistungselektronik, etc. natürlich noch oben drauf. Trauen wir uns das zu. Lassen Sie uns das jeden Tag auch aussprechen und wiederholen, dass die EU und Deutschland hier ein große Geige spielen kann und wird, so sie es will.
Machen wir die 300 Gigawatt pro Jahr weltweit und die kumulierten Photovoltaik-Leistung von 200 Gigawatt bis 2050 in Deutschland weiter wahr - und schicken wir die „EEG-Krakeeler“ in die Ecke der ewig gestrigen Zukunftsverweigerer. Dort gehören sie hin.
Quelle: © pv-magazine.de 2014 - Karl-Heinz Remmers